Mein Kind fällt auf
Mein Kind fällt auf. Es verhält sich nicht konform, stört den Unterricht, rastet daheim aus, schlägt andere Kinder und die Lehrpersonen, ist ständig am Limit.
Lehrer und wir Eltern wissen nicht mehr weiter. Uns Eltern wird durch die Lehrperson eine Abklärung zu Autismus Spektrum Störung (ASS) auf der Erziehungsberatung oder einer anderen Fachstelle empfohlen.
Bereits verunsichert, gehen die meisten Eltern dieser Empfehlung nach, tun sie es nicht, kommt noch mehr Druck durch die Lehrpersonen und das persönliche Umfeld.
Abklärung ja und alles ist paletti?
Würde eine Diagnose das ganze Setting verändern. Würde alles getan um das Kind anschliessend entsprechend seinen Bedürfnissen betreut und integriert, wären alle Probleme aus der Welt geschaffen. Also ist eine Abklärung auf ASS die Zauberformel?
Leider ist es meiner Erfahrung nach meist nicht so. Im Gegenteil, das Kind bekommt im Kanton Bern maximal vier Lektionen Betreuung durch eine Heilpädagogische Fachkraft. Diese vier Lektionen sind aber nicht ausschliesslich für das betroffene Kind, sondern ebenfalls für die ganze Klasse einzusetzen. Vielleicht bekommt das Kind auch noch eine Lektion Psychomotorik und je nach dem zusätzlich Logopädie verordnet.
Alles gut gemeinte Aktionen, die kaum zum Ziel der Integration führen. Denn das Kind erfährt die ganze Zeit „Therapie“, es ist immer anders als die anderen und anders zu sein, ist nicht normal. Das bedeutet nicht der Norm, den anderen Schulkindern zugehörig zu sein.
Die Diagnose ASS (Autismus Spektrum Störung) steht
Das Kind wurde abgeklärt, die Diagnose ASS (Autismus Spektrum Störung) steht und nun ist alles klar? Wissen alle Lehrpersonen wie sie mit dem Kind umgehen müssen?
Ich erlebe immer wieder, dass erst eine Erleichterung der Lehrpersonen vorherrscht: „Ah jetzt ist klar warum das Kind so anders ist!“ Kurz darauf folgt aber die Ernüchterung, denn trotz Diagnose verhält sich das Kind nicht angepasst. Es folgen viele Gespräche, runde Tische mit vielen Teilnehmenden, aber das Kind verhält sich immer noch unpassend.
Lösungsansätze
Eine gute Lösung ist, wenn du eine Fachperson beiziehst, die deine Bedürfnisse und die des Kindes vertritt. Wichtig ist auch an den Gesprächen die Systeme nicht zu vermischen. Du bist für daheim zuständig, Lehrpersonen und Schulleitung für die Situation in der Schule.
Die Lehrpersonen dürfen nicht verlangen, dass Eltern mit Bildschirmentzug oder ähnlichem strafen. Daheim ist „Safe place“ für deine Kinder und dich. Probleme während dem Schulbetrieb müssen von den Lehrpersonen, der beratenden Fachpersonen und der Schulleitung, je nach dem mit der beratenden Unterstützung der Eltern gelöst werden. Genau so wie du für die Probleme zuhause verantwortlich bist.
Abklärung ja – oder doch lieber nicht?
Ich finde unbedingt ja, denn so bekommen unsere Kinder Unterstützung durch die Invalidenversicherung (IV) und Türen zu nützlichen Therapien öffnen sich. Wir Eltern werden mit unseren Sorgen und Problemen nicht mehr allein gelassen. Vieles wird einfacher wenn wir verstehen, dass Menschen mit ASS einfach Menschen mit anderen Bedürfnissen sind.